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Historische Verbindungen Freyenstein - USA

Seit längerer Zeit steht Sylvia Riesler vom Freyensteiner Förderverein im Kontakt mit einer Familie in Texas, deren Vorfahren im 19.Jahrhundert aus Freyenstein in die USA ausgewandert  waren.

Am 4.April 2018 veröffentlichte Björn Wagner im Lokalteil der Märkischen Allgemeinen Zeitung folgenden Artikel darüber:"

Überraschung in einer alten Truhe


Sylvia Riesler mit den historischen Briefen (Quelle: Björn Wagener)
 

Zwei Frauen – tausende Kilometer voneinander entfernt – verbindet eine Freundschaft. Beide hätten sich wohl nie kennengelernt, wenn eine nicht eine uralte Truhe gefunden hätte. Als sie sie öffnet, traut sie ihren Augen kaum.

Sie träumen von einem besseren Leben: Ende der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts wagen zwei Brüder aus Freyenstein den Neuanfang in Amerika. Heinrich Graf geht 1856 in die USA. Sein Bruder Friedrich folgt ihm 1859. In der Heimat zurück bleiben ihre Brüder Johann, Otto und Gustav Graf sowie ihre Schwestern Wilhelmine Newe und Henriette Havemann. Die Geschwister schreiben sich fortan regelmäßig Briefe. Schließlich möchte jeder vom anderen erfahren, wie es ihm in der Ferne geht und was es Neues gibt. Mindestens zweimal im Jahr – meist im Frühjahr und im Herbst – kommt Post aus den USA in Freyenstein an und umgekehrt.

Ein Ort mit Geschichte

Im Sommer 2010 sind Darlene Quiring (66) und ihr Mann Stanley aus der amerikanischen Stadt Sugar Land wieder einmal auf ihrem Bauernhof nahe Schulenburg in Texas. Darlene Quiring verbindet viel mit diesem Ort. Vier Generationen ihrer Familie lebten dort, auch sie selbst wächst in Schulenburg auf. Die Kleinstadt mit kaum 3000 Einwohnern liegt zentral zwischen Houston und San Antonio sowie Austin und Victoria – anderthalb Auto-Stunden von Sugar Land entfernt. Etwa alle zwei Wochen sind die Quirings auf ihrer Familienfarm, mähen das Gras, kümmern sich um Reparaturen, genießen das Landleben.

Die alte Truhe im Keller

So auch an jenem Tag vor fast acht Jahren. „Wir putzten den Keller unseres Bauernhofs, als wir einen Koffer fanden. Er stand auf mehreren Ziegelsteinen“, erinnert sich Darlene Quiring. Als sie ihn öffnen, ist er voller alter Briefe in erstaunlich gutem Zustand. Auch kleine Überschwemmungen des Kellers nach starken Regengüssen können dem Inhalt über all die Jahre hinweg nichts anhaben. „Es waren ungefähr 150 Dokumente und Briefe, die sich Familienmitglieder über etwa 80 Jahre hinweg auf Deutsch geschrieben hatten“, sagt sie. Ihr Interesse an den historischen Schriftstücken ist groß.

Eltern und Großeltern sprachen Deutsch

„Meine Eltern und Großeltern sprachen zu Hause Deutsch. Damals waren die meisten Menschen in der Umgebung von Schulenburg und Fayette County Nachfahren deutscher und tschechischer Einwanderer. Deutsch und Tschechisch waren Hauptsprachen. Noch heute singen viele Polka-Bands Lieder auf Deutsch und Tschechisch“, erzählt sie. Als Kind spricht Darlene sehr gut Deutsch. Doch später in der Schule ist nur Englisch gefragt. „Heute kann ich höchstens noch ein bisschen Deutsch.“ Deshalb bleibt ihr der Inhalt der Zeilen verborgen – zunächst jedenfalls.

Das Interesse ist sofort geweckt

Im Gästebuch der Website der Stadt Freyenstein findet sich wenig später ein außergewöhnlicher Eintrag. „Eine Frau aus Amerika teilte darin mit, dass sie alte Briefe aus Freyenstein gefunden habe – und ob ihr jemand helfen könne, diese ins Englische zu übersetzen“, erinnert sich Sylvia Riesler. Das Interesse der Hobby-Ahnenforscherin ist sofort geweckt. Sie antwortet prompt: „Liebe Frau Quiring ...“

Beide finden schnell einen Draht zueinander. Sylvia Riesler teilt Darlene Quiring, geborene Graf, mit, dass sie eine Kopie des Buches „Die bäuerlichen Familien in Freyenstein“ (1961) von Gerd Alpermann besitze. Darin komme auch die Familie Graf vor, die einst eine Landwirtschaft betrieb. Die Freyensteinerin kopiert die entsprechenden Seiten und schickt sie nach Amerika. „So hat das Ganze angefangen“, erzählt Silvia Riesler. Bald darauf erklärt sie sich bereit, die Briefe zu entziffern.

Viel Konzentration und Zeit

Wenig später treffen die ersten Kopien aus Texas ein. Anfangs fällt es schwer, die Buchstaben und Worte in alter deutscher Schrift zu lesen. Es braucht viel Konzentration und Zeit. Die Seiten sind eng beschrieben und die Briefe jeweils drei bis sechs Seiten lang. Doch sie bekommt immer mehr Übung. Wie viele Abende Sylvia Riesler dennoch über die historischen Funde gebeugt verbracht hat, weiß sie heute nicht mehr. Da sie selbst kaum Englisch spricht, nutzt sie für die Übersetzungen Google. Es sollen Jahre vergehen, bis alle Briefe ihre Geheimnisse preisgeben. Der erste stammt von 1868.

Schicksalsschläge

Vor allem Henriette greift in jenen Jahren häufig zur Feder. Die Familie muss harte Schicksalsschläge verkraften. 1871 schicken die Brüder Fotografien von sich nach Freyenstein. Heinrich hat in den USA eine Familie gegründet und 1860 geheiratet. Seine Frau Marie Eschenburg ist gebürtige Pritzwalkerin und kommt 1852 mit ihrer Familie nach Amerika. Sie schenkt ihm vier Kinder. Doch Heinrichs Schwester daheim in Freyenstein ist erschrocken. Der Bruder sieht auf dem Foto sehr krank aus. Heinrich stirbt Anfang 1872 an der Schwindsucht. Jahre später heiratet Friedrich seine Witwe und hilft bei der Erziehung der Kinder von Heinrich und Marie. Friedrich und Marie haben keine eigenen Kinder.

Die zwölfjährige Tochter stirbt

Im Juli 1874 muss Henriette einen schweren Verlust hinnehmen. Ihre zwölfjährige Tochter Minna quält sich elf Tage unter heftigen Leibschmerzen. Sie stirbt in der Nacht des 31. Juli in den Armen ihrer Mutter. Henriette schreibt: „Sie ist so feierlich begraben, als wenn es ihre Hochzeit war. Sie hatte einen Myrtenkranz und einen Brautschleier im Haar. Ein rotes und ein weißes Mullkleid darüber. Des Abends hatten wir an jeder Seite des weißen Sarges sechs Leuchter gestellt, mitten in unserer Stube. Sie sah aus wie ein Engel. Stundenlang standen die Leute und sahen sie an und konnten sich nicht daran satt sehen. Den zweiten August wurde sie feierlich begraben.“

Die Grafs waren mit die ersten Freyensteiner Auswanderer

Die geschwungenen Zeilen verraten aber auch Banales, Alltägliches. „Es wurde alles geschrieben – wie viel das Getreide kostet oder wie das Wetter ist“, berichtet Sylvia Riesler. Die Grafs hätten zu den ersten Freyensteinern gezählt, die in die USA auswanderten. Zu den Gründen liest man in den Briefen nichts – Sylvia Riesler vermutet wirtschaftliche oder politische. In den 1870er Jahren seien viele Freyensteiner in die USA gegangen. Für die Grafs sollen die Briefe zeitlebens der einzige Kontakt zu den Geschwistern in der Ferne bleiben. „Sie haben sich nie wieder gesehen.“

Brücken gebaut

Doch die Auswanderung trennt nicht nur – sie baut auch Brücken. Aber dafür braucht es mehr als 150 Jahre. 2012 reisen Darlene und Stanley mit Darlenes Cousine Margie nach Freyenstein. Zum ersten Mal treffen sie Sylvia Riesler persönlich, die ihre Gäste mehrere Stunden durch das Städtchen führt. „Ich war so aufgeregt und gespannt, Sylvia zu treffen. Was für eine wundervolle Dame“, erinnert sich Darlene. Die Freyensteinerin sorgt damals noch für eine weitere Überraschung. Sie findet heraus, dass ihr Mann Andreas ein entfernter Verwandter von Darlene ist. Die Texanerin ist noch immer überwältigt: „Was für eine kleine Welt! Wir schreiben uns bis heute. Sylvia wird immer ein ganz besonderer Freund sein.“

Familienhistorie

Der Mädchenname von Darlene Quiring lautet Graf. Ihr Vater hieß Arthur Gustav Graf; ihr Großvater väterlicherseits Friedrich Graf.

Ihr väterlicher Urgroßvater war Heinrich Graf (Johann Heinrich Christoph Graf). Ihr väterlicher Großgroßonkel war Friedrich Graf (Johann Christian Friedrich Graf). Beide Brüder wurden in Freyenstein geboren.

Darlene Quiring ist verheiratet. Mit ihrem Mann Stanley hat sie drei Kinder und drei Enkel."

 

Darlene Quiring  mit ihrem Mann Stanley (Quelle:privat)

 

In dieser Truhe befanden sich die Briefe (Quelle:privat)

 

So sieht das Schriftbild der Briefe aus (Quelle: Björn Wagener)

 

 

 

Weitere Informationen

Veröffentlichung

Mi, 04. April 2018

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